Die Moselkanalisierung

Ueberall wo Bäche,Flüsse und Ströme Grenzen machen, sollen sie beiden Staaten gemeinschaftlich angehören, wenn nicht das Gegenteil ausdrücklich festgesetzt wurde.
(Artikel 27 des Preussisch-NiederländischenGrenzvertrages vom 26.Juni 1816)

Staatsgrenzen sind Ausdruck der Verschiedenheit politischer,sozialer und ökonomischer Strukturen:
Die physische Einheit der Atmosphäre,des Wassers und des Erdkörpers vermögen sie nicht zu trennen.
Sie sind das Produkt des Menschen,die Menschen aber sind das Produkt ihrer Zeit
(Heinz Weber:Grenzvermessung Deutschland/Luxemburg)

Ohne heute allzuweit in die Entstehungsgeschichte dieses Vorhabens zurückgreifen zu wollen,sollten wir doch einige wichtige Argumente aus der damaligen Zeit herausheben,um den Zusammenhang besser zu verstehen.
Zwei Daten dürften dabei besonders wichtig und erwähnenswert sein. Die Jahre 1842 und 1859. Luxemburg gehörte seit 1842 dem"Deutschen Zollverein" an. Der Vertrag der am 8.Februar 1842 zustande kam und am 1.April 1842 in Kraft trat,hatte vorerst eine Dauer von 6 zu 6 Jahren.
Damit war Luxemburg aus einer gefährlichen Situation heraus.Der vernichtende Einfluss der Zolltarife seiner Nachbarländer wäre Luxemburg das 1815 und 1839 grosse Gebietsanteile abtreten musste zum Verhängnis geworden.
Ein ebenso wichtiges wie notwendiges Ereignis war sonderzweifel die Entstehung der Luxemburger Eisenbahnen. Die erste Strecke Luxemburg-Diedenhofen wurde am 11.8.1859 die zweite Luxemburg-Arlon am 15.9.1859 in Betrieb genommen von der französischen "compagnie de l' Est" während die Strecke Luxemburg Wasserbillig am 29.8.1861 fertiggestellt und von der Königlich Preussischen Eisenbahn -Direktion Saarbrücken betrieben wurde..
Nach dem Deutsch-FranzösischenKrieg 1870/71 wurde der Betrieb der Wilhelm-Luxemburg Eisenbahnen nach dem Frankfurter Friedensvertrag vom 10.5.1871 der Reichsbahn Elsass-Lothringen von 1872 bis 1918 übertragen.
Nachdem im Süden des Landes um 1870 die ersten grossen Hochofenwerke in Betrieb genommen wurden und die hohen Schlote weithin sichtbar ein neues Zeitalter ankündigten,stellte sich auch die lebenswichtige Transportfrage von und zu den "Schmelzen" in einem neuen Licht.
Die ausgedehnten Kohlenlagerstätten des "Deutschen Zollvereins" lagen im Ruhrgebiet und am Niederhein,die mächtigen Erzlager aber in Luxemburg und in Lothringen.Zwischen beiden Lagern war die Eisenbahn die wichtigste Verbindung. Aber die gewaltigen Anforderungen durch die explosionsartige Ausweitung der Stahlindustrie bereitete Schwierigkeiten. Man suchte nach Auswegen und Lösungen und dabei kam man auf den Gedanken die Mosel und die Saar zu kanalisieren. Schon viele Jahre und Jahrzehnte vorher war die Mosel als Transportweg benutzt worden,um das Erz aus den Gruben und das Roheisen aus den Hütten die per Fuhre nach Grevenmacher geschafft wurden in die Absatzgebiete des Zollvereins zu befördern. Mittels Pferde-fuhren wurden die Erze nach der Mosel gebracht.Von Rümelingen nach Diedenhofen und von Esch und Schifflingen nach Remich und Stadtbredimus gebracht. In Stadtbredimus war eine Verschiffungsstelle und auf einem grossen Grundstück ein Erzlagerplatz eingerichtet worden. Hier wurden die Erze in kiellose Kähne von 25 bis 40 Tonnen Tragfähigkeit umgeladen.30 bis 50 Fuhren , wobei eine Fuhre etwa 15 Zentner = 0,75 Tonnen ausmachte,konnten diese Kähne aufnehmen.Drei solcher Kähne wurden zusammengesetzt und bildeten so einen Schleppzug. Mit einem Schleppseil wurde ein Zug die Mosel hinunter und die Saar hinauf gezogen.Je nach Stromstärke wurden 20 bis 25 Pferde für einen Zug die Saar hinauf benötigt.
Bereits 1891 ersuchte Preussen in einem Schreiben an den damaligen Staatsminister eine Stellungnahme der Luxemburger Regierung bezüglich des Anschlusses an das Moselprojekt zu erzwingen. Hüttenbesitzer aus dem Rhein-und Ruhrland sahen in der Kanalisierung eine Annäherung an vorallem Lothringische Erzfelder und durch den billigeren Wassertransport ein Gleichgewicht mit der Luxemburgischen Stahlindustrie,mit der sie durch die hohen Frachttarife nicht mehr konkurrenzfähig waren.
Nach der Kanalisierung würde die Luxemburger Eisenbahn kaum die Hälfte seiner Einnahmen behalten - ein Defizit. Auch die ursprünglich grossen Lokalinteressen wären weitaus geringer gewesen weil man die Schleusen nahe an preussische Ortschaften legen wollte.
In einer grossangelegten Studie untersuchte der Luxemburger Industrielle Paul Würth Vor- und Nachteile der Moselkanalisierung für unser Land.Er kam 1907 zu der Feststellung dass den Lothringischen und den Saarländischen Hüttenwerken die direkt an der Mosel resp.der Saar lagen enorme Vorteile erwachsen würden- für die Luxemburger.- Hüttenwerke hingegen aber,denen der direkte Weg zur Mosel fehlt,wäre es ein tödlicher Dolchstoss gewesen. Die Moselkanalisierung hätte-so sagte der Fachmann in Luxemburg absolut keinen Sinn,- es sei denn man würde das Luxemburgische Industriegebiet durch eine "Schleppbahn" (Korn-Moselkanal) mit der Mosel verbinden
Die Verhandlungen erstreckten sich von 1890 bis 1910 - Die Moselkanalisierung fiel somit regelrecht ins eigene Wasser. In diesem Zusammenhang fällt auf dass die Luxemburger Seite der Mosel von der Eisenbahn unberührt blieb.Alle Transporte von der Stadt oder dem Minettebassin wurden über Diedenhofen umgeleitet und von dort auf deutscher Seite moselabwärts zum Zielort gefahren.

Die Kanalfrage war aber nicht nur eine wirtschaftliche Angelegenheit.Deutschland wollte auch Lothringen fester an sich binden. Ausser dem politischen Gesichtspunkt gab es damals auch noch einen militärischen Aspekt Das geht schon aus der Tatsache hervor dass alle Moselbrücken auf deutscher Seite mit "Minenanlagen versehen waren-ohne die eine Baugenehmigung seitens der Festungsinspektion zu Coeln nicht denkbar war.Die Schengener Brücke wurde 1939 -die von Remich,Wormeldingen und Grevenmacher 1944 gesprengt.. Die Pläne für die Moselkanalisierung blieben bis 1956 in der Schublade.



Ein Schleppzug um 1880 auf der Mosel (Abbildung aus Grenzvermessung Deutschland-Luxemburg) Quellennachweis:Entwicklungsgeschichte der Luxbg.Eisenindustrie im 19.Jahrhundert
(M.Ungeheuer 1910)

Siehe Luxemburger Wort vom 15.5.1997
 

 

 

Zurück