Die Transportfrage,und das ist keine Erkenntnis neuerer Zeiten,war und bleibt die Kernfrage,der Lebensnerv jeder Industrie.
Bei allen Neugründungen steht diese Uberlegung, auch heute noch als eine der wichtigsten im Vordergrund.
Die Moselkanalisierung die vor nahezu 100 Jahren schon
einmal im Gespräch war und während Jahrzehnten Stoff für viele und langwierige
Verhandlungen hergab,war ein beredtes Zeugnis dafür .
Das Grossherzogtum Luxemburg besass einen grossen Erzbergbau welcher
jährlich tausende Tonnen nach dem Niederrhein verschickte,doch wurde das Interesse durch
die weite "Schleppfahrt" vom Industriegebiet bis zur Mosel bedeutend abgeschwächt.
Nutzniesser der Mosel und Saarkanalisierung wären die lothringischen und die saarländischen Unternehmen
gewesen,die direkt an einem der beiden Wasserläufe liegend keine oder nur sehr kurze Anfahrwege hatten.
Unsere Eisenindustrie die Ende des l9.Jahrhunderts im Süden des Landes im Entstehen war,wusste sich von
Anfang an gegenüber seinen Nachbarn im Nachteil,sollte es zur Kanalisierung kommen.Die Mosel,die streng
genommen unser Land nur "berührt" war nur über eine "Schleppbahn" zu erreichen wollte man diesen Nachteil
ausgleichen. Unter diesen Umständen erwog Luxemburg das selbst auch von der Notwendigkeit einer Reform
der Transportpolitik überzeugt war durch einen "Seitenkanal" den Anschluss seiner industriellen Werke mit dem
Moselkanal zu bewerkstelligen.Es wäre die einzige für unser Land annehmbare Lösung gewesen.
In diesem Zusammenhang standen dann auch drei Hauptpunkte im Raum:
1) Ist der Seitenkanal technisch ausführbar?
2) Der Kostenpunkt der Anlage und
3) der voraussichtlich zu erwartende Verkehr auf der Wasserstrasse.
Nach Lösung dieser Fragen wäre es möglich gewesen die Rentabilität zu errechnen.
Es würde in dieser kleinen Rückblende aber zu weit gehen,wollte man sich über die drei Punkte ausführlich unterhalten.
Begnügen wir uns deshalb nur mit dem in unseren Tagen noch höchstinteressanten ersten Punkt,der technischen Ausführung.
(Wer Zeit und Musse hat möge die Linienführung mit der der "Collectrice du Sud" aus unseren Tagen
In einer Versammlung zu Luxemburg am 23.März 1907 erstatteten die
Ingenieure Hegly und Rigaut
(Ponts et ChausseeslCharleville) Bericht über ihre Vorstudien und
bewiesen die technische Ausführbarkeit des
Chiers-Moselkanals.Geometer war J.B.Kesseler seiner Zeit beschäftigt im
technischen Konstruktionsbüro Paul Wurth in Luxemburg-
Hollerich(Kesselfabrek).Der Kanal sollte auf einer Länge von 51 km.von
Stadtbredimus nach Rodingen führen und hier war eine eventuelle
Verlängerung nach der französischen Grenze vorgesehen um den
inländischen Werken den Vorteil einer Verbindung mit dem Netz der
französischen und belgischen Wasserstrassen zu-eröffnen;
(diese Verhandlungen waren aber zum Stillstand gekommen).Frankreich
stand aber weiterhin dem "Chiers-Moselkanal gut gesinnt gegenüber,weil
es sich selbst aus diversen Gründen ,die hier auf zuzählen zu weit
führen würde,grosse Vorteile versprach.
Entsprechend der Lage der Luxemburger Werke sollte der neue Kanal der lothringischen Grenze entlang gebaut werden.
Rodingen(1872) Differdingen(1896) Esch(Brasseurl872) Schifflingen (Metzeschmelz 1870) liegen unmittelbar am Kanal
(später auch die Adolf-Emile Schmelz 1911/l2) Rümelingen (1872) und Düdelingen(1882) sollten durch kleine Stichkanäle
an das grosse Netz angeschlossen werden.Zwischen Hüncheringen und Nörtzingen sollten sich die beiden Nebenarme
des Kayl-tales treffen um diese Anschlüsse zu gewährleisten.Das Projekt sah 31 Schleusen vor um den Höhenunterschied
von etwa 120 m. zu überwinden (Stadtbredimus-140 m. Rodingen-260 m.)
Zwischen Oberkorn und Beles war der Kanallauf unterirdisch vorgesehen während bei Aspelt eine Kanalbrücke von 139 m.
Länge entstehen sollte.Die Wasserzuführung aus der Mosel ,der Alzette und der Korn(Chiers) sollte zu einem Teil
durch elektrisch betriebene Pumpen und bei niedrigem Wasserstand aus besonderen Weihern erfolgen.
Als 1910 die preussische Staatsregierung aus angeblich finanziellen Gründen die Mosel und Saarkanalisierung nicht mehr für
zweckmässig und durchführbar hielt,war auch das Urteil gegen den Luxemburger Seitenkanal gesprochen.
Es war ein grosses,ein ehrgeiziges Vorhaben,das,wäre es zur Ausführung gekommen,einer ganzen Region
ein vollkommen anderes Gesicht gegeben hätte.Ob dieses Gesicht nun glatt oder voller Narben gewesen wäre kann
man nur ahnen.
Pont d' Aspelt
Eine abschliessende Frage sei erlaubt:
Wie würde das ganze Minettbassinn, wie der Roeserbann und die wunderschöne Gegend von Frisingen über
Altwies und Bous bis nach Stadtbredimus heute wohl aussehen,wäre der Chiers-Moselkanal Wirklichkeit geworden?
Man wagt kaum daran zu denken.
Roger Kneip
Quellennachweis: Die Entwicklungsgeschichte der Luxemburgischen
Eisenindustrie im 19.Jahrhundert
Michel Ungeheuer 1910
Dudelange L'Usine centenaire (Pont d'Aspelt)
Siehe Luxemburger Wort vom 4.7.1997
|